Augen auf, Köpfhörer raus. Ein Kommentar zu Alltagsrassimus

23. September 2020

Ich beginne mit einer Geschichte, stell dir vor:Die Stimmung im Bus ist angespannt. Keine Sitzplätze mehr – die einsteigenden Menschen, stehen immer dichter an einander gedrängt. Die Luft wird knapper und zeitgleich die Geduld. Es ist Feierabendzeit und man will einfach nur noch nach Hause. Jeder hängt seinen Gedanken nach und versucht so gut wie möglich niemanden zu berühren oder schnellstmöglich einen Sitzplatz zu ergattern. Wer des Öfteren öffentliche Verkehrsmittel nutzt, kennt dieses nervenstrapazierende Gefühl, wenn der Bus vorfährt und man sieht, dass er proppenvoll ist. Und es wird noch besser, wenn an jeder Haltestelle immer mehr Menschen einsteigen wollen und man sich irgendwann am hintersten Ende des Busses vorfindet, obwohl man an der nächsten Haltestelle wieder raus möchte. Ätzend. So auch an diesem Nachmittag. Sie möchten mit ihrem Kinderwagen einsteigen, was nur am hinteren Eingang möglich ist. Sie befördern Ihr Kind samt Wagen in den Bus und die Türen schließen sich. Sie sind eine Frau mittleren Alters, in farbenfroher Kleidung und einem offensichtlichen Migrationshintergrund. Sie verhalten sich weder unhöflich, noch auffallend. Sie möchten wahrscheinlich einfach nur ins Stadtzentrum fahren. Dass der Kinderwagen nun ein fließendes Weiterlaufen der anderen Fahrgäste ein wenig hindert, ist eigentlich keine große Sache. Nicht für ihn. Er sieht die äußeren Umstände nicht, dass es mit kleinem Kind und Wagen so viel schwerer ist keine „Unannehmlichkeiten“ zu verursachen, sieht auch die allgemeine Lage im Bus nicht. Er sieht nur Ihre Hautfarbe. Als sich sein hasserfüllter Schwall an Beleidigungen über Sie ergießt, schweigen nicht nur Sie, sondern der gesamte Bus.“

 

Rassismus kommt in allen hässlichen Farben und Formen.

Mal versteckt, mal direkt. Mal anonym und mal ohne jegliche Hemmung. Mal in „real life“, mal im Netz. Mal ganz individuell, mal strukturell. Er muss sich nicht in direkten Wörtern äußern, es reicht schon ein abschätziger Blick, ein Abwenden oder ein „Ist doch nur ein Witz…ICH bin doch kein Rassist“. Eins können wir tun: Niemals danebenstehen und schweigen. Augen öffnen, Kopfhörer rausholen und handeln. Gegebenenfalls Hilfe holen, aber nie nie NIE die Augen verschließen, sich wegdrehen oder so tun, als würde man nichts mitbekommen. Man versucht neutral zu bleiben, ja nicht ins Visier der Täter zu gelangen, aber was tatsächlich geschieht ist, dass man sich zum Mittäter macht. Schweigen in solchen Situationen bedeutet Zustimmung, Billigung. Manchmal genügt eine einzige Stimme die Konter gibt, um Schlimmeres abzuwenden und Menschen ins Gewissen zu reden. Kleine Gesten, die einen großen Unterschied machen.

 „Wir können keine nachhaltige Entwicklung erreichen, wenn Teile der Menschheit ausgeschlossen werden“. Rassismus ist ein Motiv für Ausgrenzung. Innerhalb und zwischen Ländern bestehen nach wie vor Ungleichheiten aufgrund von Herkunft, Alter, Geschlecht, körperlicher Beeinträchtigung oder dem Einkommen. Langfristig bedroht Ungleichheit die soziale und wirtschaftliche Entwicklung, schadet der Armutsbekämpfung und zerstört das Selbstwertgefühl von Menschen. Das Nachhaltigkeitsziel Nummer 10 „Weniger Ungleichheiten“ will genau das in den Fokus nehmen. Gleichberechtigung kann und muss erreicht werden. [1]

Und was kann ich gegen Alltagsrassismus tun?

Schritt 1: Informieren

Wenn ihr euch über (Alltags-)Rassismus mehr informieren wollt, dann spricht unbedingt mit Betroffenen, zeigt Interesse oder informiert euch auf folgender Website: https://www.globaleslernen.de/de/fokusthemen/fokus-rassismus Hier findet ihr bei den Fokusthemen unter dem Thema „Rassismus“ u.a Bildungsmaterialien, Kampagnen, Aktion etc.

 

 

Liebe Grüße Adeline (ehem. FW in Portugal, Botschafter*in)

Fotocredtis: https://www.bpb.de/dialog/194569/offensichtlich-und-zugedeckt-alltagsrassismus-in-deutschland

CD-Botschafter*innen sind Teil der Rückkehrer*innen-Arbeit von Christliche Dienste. Zurückgekehrte Freiwillige wurden im Rahmen eines FEB-Projektes (Förderprogramm Entwicklungspolitische Bildung durch engagement Global) zu Themen der Nachhaltigen Entwicklung fortgebildet. Das Botschafter*innen-Seminar fand im März 2020 statt und bot, neben Themeneinheiten, Raum für Vernetzung und Austausch.

[1] Mehr zu dem 10. Ziel unter: https://17ziele.de/ziele/10.html

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