Hallo, salut, hello, ciao oder auch hola!
Wahrscheinlich kommen dir direkt Personen, Situationen und Gefühle in den Kopf. So geht es mir zumindest. Ich heiße Gila und sage eigentlich immer „Hallo“, aber für ein Jahr musste ich „hello“ sagen, um verstanden zu werden. Von Dezember 2021 bis Dezember 2022 war ich in den USA, genau in Columbus, Ohio. Dort durfte ich in bei Agora arbeiten, einer Organisation die sowohl Kindertagestätte, als auch, mittwochs und sonntags, Kinderkirche ist. Ich habe mit Babys, Kindern und Jugendlichen aus dem Brennpunktgebiet der Stadt gearbeitet und durfte für sie Erzieherin, Lehrerin, Aufsichtsperson und Freundin sein.
Bevor mein Auslandsjahr losging, habe ich mir natürlich Gedanken darüber gemacht, wie es wohl sein wird. Einige Dinge, wie zum Beispiel die Sprache, waren mir auf Grund des Faktes, das ich in Amerika sein werde, ziemlich klar, nähere Infos über meine Arbeitsstelle und das Land und die Stadt musste ich mir anders beschaffen. Die meisten Infos habe ich in den Vorbereitungsseminaren bekommen, ich habe mich aber auch viel im Internet informiert. Schon auf den Seminaren wurden wir über das Prinzip der „single story“ aufgeklärt. Es bedeutet, dass jeder Mensch sich ein Bild von etwas/jemandem macht, wenn er Geschichten hört und dass das einer eingeschränkten Sichtweise führen kann, wenn man nur eine Geschichte hört!
Ich bin in das Jahr mit unterschiedlichen Geschichten über die Kinder, die Mitarbeiter, den Pastor und das Land und seine Traditionen und Eigenarten gegangen. Gedacht habe ich, dass ich super vorbereitet bin und eigentlich alles schon weiß, ich hatte mich ja bestens informiert. Trotzdem war ich natürlich super aufgeregt, denn ich wusste ja nicht wie ich mit der ganzen Situation umgehen werde und wie ich da reinpasse. Außerdem hatten auch einige schon von schwierigen Situationen erzählt.
Wenn ich zurückblicke merke ich das ich definitiv nicht alles wusste und mir nicht genug Informationen einholen konnte, oder jemals können werde, um auf jede Situation vorbereitet zu sein.
Die Stadt war ganz anders als gedacht. Sie sah vielleicht so ähnlich aus wie auf den Videos die ich mir angeschaut hatte, aber die Atmosphäre der Stadt ist dadurch natürlich nicht rübergekommen. Das Viertel in dem ich gewohnt habe, sah auf den ersten Blick nicht so runtergekommen aus wie mir erzählt wurde und unsicher hatte ich mich auch nicht gefühlt, denn seitdem die anderen Freiwilligen dort waren hatte sich schon so einiges gewandelt in der Gegend.
Mit dem Pastor und seiner Familie hatte ich auch eine ganz andere Beziehung als die ehemaligen Freiwilligen, denn ich durfte negative und positive Seiten erleben.
Das wichtigste und größte war die Arbeit mit den Kindern. Ich hatte so viele Geschichten gehört bevor ich mit der Arbeit gestartet habe, die alle irgendwelche extremen Beispiele waren. Natürlich erzählt keiner von ganz normalen, alltäglichen Dingen, sondern den aufregenden und spannenden Sachen. Dadurch bin ich mit einer ganz anderen Einstellung an die Arbeit gegangen und musste feststellen, dass nicht jede Woche die Polizei gerufen werden muss und auch nicht jede Woche ein Kind zum Glauben findet.
Außerdem hat nicht jeder Amerikaner eine Waffe und auch nicht alle essen immer nur Fast Food. Natürlich ist viel wahres an diesen Klischees und ich könnte auch viele lustige und teilweise auch erschreckende Stories erzählen.
Nun stehe ich jetzt selber in der Position in der ich eine „single story“ über mein Jahr erzählen kann, ich kann aber auch aufpassen und bewusst unterschiedliche Dinge aufzeigen und versuchen ein gutes, umfangreiches Bild von meinen persönlichen Erlebnissen zu schaffen.
Im Nachhinein weiß ich, dass ich mir einige Enttäuschung hätte sparen können, wenn ich mit einer offeneren Einstellung in mein Jahr gegangen wäre und nicht dachte ich wüsste alles, weil ich ein paar Videos geschaut und Geschichten gehört habe. Ich kann aber auch von ganz vielen wunderschönen Momenten erzählen die in diesem Jahr passiert sind und mich daran freuen.
Und somit Tschüss, au revoir, bye bye, ciao und adios!